Fotos: Juli 2001

Sehenswürdigkeiten in Baden-Württemberg

Schloß Bruchsal

Schloß Bruchsal wurde von Damian Hugo von Schönborn, dem Bischof von Speyer, ab 1720 erbaut und reiht sich in die Folge der barocken Residenzgründungen in Südwestdeutschland nach dem Ende des Pfälzischen Erbfolgekriegs und vorangegangener kriegerischer und zerstörerischer Auseinandersetzungen. Von Schönborn baute die alte, 1689 zerstörte Speyrer Residenz nicht mehr auf, sondern entschloß sich zu einem repräsentativen Neubau nach dem Vorbild Versailles. Mit dem Standort Bruchsal ging der Inhaber geistlicher und weltlicher Macht auch ständigen Auseinandersetzungen mit der protestantischen Reichsstadt Speyer aus dem Weg.

Der Bauplan der neuen Residenz sah eine eigenwillige, weitläufige Gesamtanlage vor, die in über 50 einzelne Gebäude aufgelöst war. Sämtliche Funktionen eines Regierungssitzes wurden um das zentrale Corps de Logis gruppiert: Der Kirchenflügel und der Kammerflügel liegen mit dem Hauptbau zueinander hufeisenförmig um den Ehrenhof, waren zunächst jedoch unverbunden. Dazu gesellten sich Verwaltungsgebäude, Kaserne, Stallungen, Reitbahn, Torbauten mit Schloßwache und hinter dem Corps de Logis die Kavaliershäuser und ein prächtiger Schloßgarten. Ein Grund für die Auflösung in viele verschiedene Baukörper lag, laut Damian Hugo von Schönborn, in der Erfahrung der vergangenen Kriege: Im Falle eines Brandes sollte das Feuer nicht die gesamte Residenz zerstören können.

Der Bau begann 1721 mit den beiden Pavillons seitlich des Torhauses, dem Hofkontroll- und dem Hofzahlhaus. Zunächst beschäftigte der Fürstbischof, der selbst ständig in die Planungen eingriff, nacheinander örtliche Baumeister, u.a. Maximilian von Welsch, die 1725 von Anselm Franz Freiherr von Ritter zu Grünstein abgelöst wurden. Dieser konzipierte ein ovales Treppenhaus, das mit dem von Schönborn geforderten Mittelgeschoß (Mezzaningeschoß) vor fast unüberwindliche Ausführungsprobleme gestellt wurde, da die Treppe nun im Dienstbotengeschoß und nicht in der Bel Etage anlangte.

1728 nahm sich endlich der vielbeschäftigte Balthasar Neumann auf Bitten des Schloßherrn des verfahrenen Bauwerks an und entwarf die noch heute in ihrer Raumwirkung sehr beeindruckende und berühmte Treppe. Unter Neumann entstanden auch die übrigen Teile des Hauptbaus, Fassadengestaltungen am Corps de Logis, das Torwachthaus und der Kirchturm.Zwischen 1733 und 1736 waren die Bauarbeiten an der Residenz durch Kriegswirren unterbrochen, von Schönborn mußte vor der französischen Besetzung für drei Jahre fliehen. Als er 1743 starb, hinterließ er seinem Nachfolger ein wirtschaftlich erfolgreiches und modern verwaltetes Bistum. Unter Kardinal Christoph von Hutten wurden als abschließende Arbeiten die Rokoko-Dekorationen in den Prunkräumen des Corps de Logis gearbeitet, sowie Portal und Balkonanbauten ausgeführt.
Der Ruhm des Bruchsaler Schlosses wird von seinen Innenräumen mit ihren meisterhaften Raumschöpfungen und Dekorationen begründet. Man betritt den Mittelteil des Hauptbaus durch die Eingangshalle (Intrada), ein Vorraum, der von dorischen Säulen umgeben ist. Außer den plastischen Simsen sind alle weiteren Architekturteile nur Scheinarchitektur und durch Illusionsmalerei dargestellt. Das rekonstruierte Deckengemälde zeigt den Sieg der weltlichen und theologischen Tugenden über das Laster.

Die Grotte liegt in der Mitte des in seitlichen Ovalen aufsteigenden Treppenraums. Die vielfältigen Raumeindrücke verbinden sich mit den phantastischen Malereien, die der Freskomaler Giovanni Francesco Marchini schuf, zu einem subtil gestalteten Gewölbe. Diesem Raum schließt sich der Gartensaal (Sala Terrena) an, der auf die Schloßterrasse und in den Garten führt. Wie in der Grotte finden sich hier Illusionsmalereien und Scheinarchi- tekturen zu einem kostbaren Raum, über dem im Deckenbild der Götterolymp dargestellt ist. Das Treppenhaus des Bruchsaler Schlosses ist ein architektonischer Höhepunkt, es gilt als die "Krone aller Treppenhäuser" und führt, durch zwei gekrümmte Aufgänge allmählich aufsteigend, aus den eher dämmrigen Bereichen der Grotte immer weiter ins lichte Obergeschoß empor. Hier stehen die Besucher schließlich auf einer inselartigen Plattform, von der zwei Brücken in die einander gegenüberliegenden Säle führen. Über allem wölbt sich die weite, durch direktes und indirektes Licht durchflutete Kuppel, deren Deckenbild allegorisch die Geschichte des Bistums Speyer zeigt.

Zu den weiteren Prunkräumen gehört der Fürstensaal, in dem unter Balthasar Neumanns Leitung zwischen 1751 und 1754 der Stukkator Johann Michael Feuchtmayr und der Maler Johannes Zick arbeiteten. Hier hängen Porträts der Speyrer Fürstbischöfe. Der barocke Fürstensaal führt in den prächtigsten der drei Festsäle, den Marmorsaal, der in seiner Farb- und Materialausstattung und mit seinen fünf hohen Fensternischen und seiner den Übergang von Wand zur Decke auflösenden Gestaltung ein differenziertes Bild höchster Rokoko-Kunst darstellt.

Schloß Bruchsal verlor nach dem Tod Kardinal Christoph von Huttens und dem Ende des Absolutismus seine bedeutende und einflußreiche Stellung. Nachdem mit der Säkularisation 1803 der geistliche Besitz in weltliche Hände überging, fiel Speyer an das Haus Baden. Von 1810 bis 1832 bewohnte die verwitwete Markgräfin Amalie von baden den nördlichen Schloßteil. Nach ihrem Tod stand das Schloß viele Jahrzehnte leer. Nach dem verheerenden Bombardement im März 1945 lagen Stadt und Schloß Bruchsal nahezu zerstört. In den Folgejahren verwittert die Ruine zusehends. Seit 1964 widmete sich das Land Baden-Württemberg dem Wiederaufbau: der Restaurierung.

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